Hoffnung ruht auf ruhigerem Herbst

5. Mrz 2021 | von | Kategorie: Aktuelle Nachrichten, Allgemein
WNZ vom 04.03.2021

Wetzlarer HKBV-Sektionspräsident Jochen Janson über den den Saisonabbruch und die Perspektiven der Sportkegler

WETZLAR – Nun hat es also auch die heimischen Sportkegler erwischt. Nachdem ihre Saison 2020/21 mit dem Lockdown im November gestoppt und die Wiederaufnahme immer wieder nach hinten verschoben wurde, ist sie nun endgültig abgebrochen. Am 16. Februar teilte der zuständige Sektionsvorstand Schere/Bohle im Hessischen Kegler- und Bowling-Verband (HKBV) mit, dass in einer Sitzung von Vorstand und Sportausschuss – und in Reaktion auf den tags zuvor erfolgten Abbruch in den Bundesligen durch den Deutschen Schere Kegelbund (DSKB) – beschlossen worden sei, „auch auf Ebene des HKBV alle Ligenwettbewerbe der Saison 2020/21 sofortiger Wirkung abzubrechen“.

Wir haben bei Jochen Janson, Sektionspräsident der hessischen Schere-Kegler und Vorsitzender des KSV Wetzlar, nachgefragt, wie es zu dieser Entscheidung kam und welche mittelfristigen Perspektiven er für seine Sportart sieht.

Herr Janson, kürzlich hat der Sektionsvorstand Schere beschlossen, auch auf Ebene des HKBV alle Ligenwettbewerbe der zunächst nur unterbrochenen Runde doch komplett zu beenden. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Während die Classic-Sektion bereits im Dezember und im Januar dann auch die Bowler die Saison bereits für abgeschlossen erklärt hatten, wollten wir noch abwarten, wie sich die Situation entwickelt. Denn wir hätten im Grunde noch bis zum 30. Juni Zeit gehabt, Spieltage durchzuführen. Dafür hätten wir aber im März wieder anfangen müssen, und das war jetzt nicht mehr absehbar. Letztlich gab dann der Abbruch der Bundesligen, an denen wir mit unseren Spieltagen unmittelbar dranhängen, den Ausschlag zu dieser Entscheidung. Im Vorfeld wurden die Meinungen der Bundesligavereine abgefragt, wobei 80 bis 85 Prozent für den Abbruch waren. Auch auf Landesebene haben wir uns um ein Stimmungsbild bemüht, das fiel zwar nicht ganz so deutlich aus, aber auch hier wurde mehrheitlich für das vorzeitige Rundenende plädiert. Dazu muss man sagen, dass die Vereine in Hessen durchaus unterschiedliche Bedingungen vorfinden. Wir vom KSV Wetzlar können zum Beispiel auf unserer vereinseigenen Kegelsportanlage weiterhin – unter den aktuell gültigen Kontaktregeln und Hygienevorschriften – auf der Bahn zu zweit trainieren. Den meisten anderen Clubs, deren Bahnen in Bürgerhäusern oder Gaststätten untergebracht sind, ist das derzeit nicht möglich.

Gab es noch andere Szenarien, die Sie im Verband als Alternativen zum Abbruch in Erwägung gezogen hatten?

Letztlich waren es drei Szenarien, die wir im Vorstand für unsere Sektion Schere entworfen hatten. Eine Idee war die Abspeckung der Saison auf nur noch eine einfache Runde. Das wäre aber sportlich nicht fair gewesen, denn der Heimvorteil ist im Kegeln technisch bedingt – jede Bahn hat ihren eigenen Charakter – vergleichsweise hoch. Deshalb ist es auch so schwer, selbst bei annähernd gleichem Leistungsstand auswärts zu gewinnen. Eine Lösung ohne Hin- und Rückspiel gegen denselben Verein hätte am Ende womöglich keine gerechten Tabellenstände ergeben, weshalb es bei dieser Variante auch keine Auf- und Absteiger gegeben hätte. Die zweite Option wäre gewesen, die Hinrunde noch fertig zu spielen und die Rückserie dann im nächsten Winterhalbjahr, weil wir dann nur noch die Hälfte der Spieltage zu absolvieren hätten. Auch quasi als Prophylaxe, wenn uns Corona wieder einen Strich durch die Rechnung machen sollte. 18 Spieltage aufgesplittet auf zweimal neun – das wäre vielleicht einfacher gewesen und hätte mehr Flexibilität mit sich gebracht. Dabei hätte man dann beispielsweise auch auf regionale Hotspots Rücksicht nehmen können. Aber durch den Beschluss, den Bundesliga-Spielbetrieb abzubrechen, waren diese beiden erarbeiteten Alternativvorschläge letztlich nicht mehr darstellbar. Wir werden aber trotz Abbruchs und beabsichtigten Neustarts im Herbst weiterhin die Lage ständig beobachten und versuchen, auf allen Ebenen – gerade auch im Jugendbereich – alternative Wettkampfmöglichkeiten zu finden und vielleicht im Sommer auch zu Turnieren aufzurufen.

Mit welchen Gefühlen blicken Sie persönlich dem Neustart im Herbst entgegen? Glauben Sie, dass er einigermaßen unter den üblichen Bedingungen erfolgen kann?

Auch wenn unsere Hygienekonzepte funktionieren und unsere Sportart kontaktlos abläuft, wird natürlich von der weiteren Entwicklung der Pandemie und den politischen Entscheidungen abhängen, wie es mit dem Amateursport, der nicht vergessen werden sollte, weitergeht. Ich hoffe, dass es jetzt mit dem Impfen schneller und konkreter als bisher anläuft, denn der Weg aus der Krise kann nur über die Impfungen gehen. Auch nächste Saison werden wir Corona noch nicht vergessen haben, es wird immer wieder Hotspots geben, weil sich einzelne Menschen bzw. Gruppen nicht an die Regeln halten. Aber im Sommer werden die Menschen wieder vermehrt draußen sein, und die Impfungen werden zusätzlich schützen. Deshalb gehe ich schon davon aus, dass wir uns im September in etwas ruhigerem Fahrwasser befinden.

Das ist natürlich nur eine Hoffnung, und wir müssen im Auge behalten, ob und was wir dann auch politisch dürfen – denn bundesweit Corona-frei werden wir bis Herbst sicherlich nicht sein. Eine gewisse Angst ist im Hintergrund schon auch da. Zumal wir zwar die Vorsaison noch einigermaßen ordentlich abschließen konnten, aber jetzt schon ein zweites Jahr ohne Einzelmeisterschaften haben. Und gerade der Nachwuchs schöpft ja seine Motivation auch daraus, sein Leistungsvermögen in Wettkämpfen, also in der Liga und auch bei Titelkämpfen, zeigen zu können. Je länger der Lockdown dauert, desto schwerer wird es auch mit dieser Motivation. Außerdem lebt unser Sport – auch bei den Älteren – von der Gemeinschaft. Die sozialen Kontakte der Sportkegler untereinander sind komplett weggebrochen, darunter leidet auch das Teambuilding. Wobei ich sagen muss, dass wir bis jetzt glücklicherweise noch keine besonders auffälligen Abmeldezahlen verzeichnen.

Das Interview führte Lena Wagner.

 

ZUR PERSON

Jochen Janson, verheiratet und 56 Jahre alt, lebt im Wetzlarer Stadtteil Naunheim und arbeitet bei der Deutschen Bundesbank in Frankfurt. Im Alter von 15 Jahren trat er in den KSV Wetzlar ein, kegelte dort wettbewerbsmäßig bis vor etwa sechs Jahren und ist seit rund 37 Jahren in diversen Funktionen im Vorstand des aktuell rund 150 Mitglieder starken Vereins tätig. Vor gut zwei Jahrzehnten wurde Janson zum Vorsitzenden des KSV gewählt, seit drei Jahren ist er Sektionspräsident Schere sowie seit einem Jahr auch Verbandspräsident im Hessischen Kegler und Bowlingverband (HKBV).

(lew)